Die Großeltern von Estelle Dzienciol wurden deportiert und ermordet. Frau Dzienciol fand ihre Namen an der Gedenkmauer am alten Jüdischen Friedhof in der Battonstraße.
Das Haus, in dem ihr Vater in der Uhlandstraße 38 gelebt hatte, steht heute noch.
Estelle Dzienciol war hocherfreut, von den Besitzern der Wohnung hereingebeten zu werden.
Estelle Dzienciol berichtete in dem Unterrichtsgespräch, dass sie mit gemischten Gefühlen nach Frankfurt gekommen sei, aber jetzt ein gutes Gefühl Deutschland und den Deutschen gegenüber habe, weil sie diese als freundlich und aufrichtig erlebt habe. Sie schätze die Einladung der Stadt Frankfurt sehr und hoffe, dass ihre Kinder ebenfalls an einem solchen Programm teilnehmen können.
Viele Fragen und ein koscherer Imbiss: Schulbesuch im Gagern-Gymnasium
Das Gespräch im Gagern-Gymnasium fand in einer 12. Klasse statt, aber Schülerinnen und Schüler einer 9. Klasse waren so interessiert, dass sie auch teilnehmen durften. In dem Unterrichtsgespräch hatten zunächst die Zeitzeugen das Wort. Herr Penglis hatte das Familienstammbuch mitgebracht und eine Impfbescheinigung, die er herum reichte. Die Schüler hatten gemeinsam mit ihrer Lehrerin vorher Fragen entwickelt, die nun halfen, miteinander ins Gespräch zu kommen.
Die Lebensumstände während des Zweiten Weltkrieges in Australien waren wohl schwierig. Max Dzienciol erzählte sehr lebendig, sein Vater sei als polnischer Jude ein ‚friendly alien‘ und seine Mutter, eine deutsche Jüdin, eine ‚enemy alien‘ gewesen. Dabei spielte es offensichtlich keine Rolle, dass sie als Juden aus Deutschland emigriert waren. Ralph erzählte, seine Mutter habe rassistische Anwürfe im Bus erlebt, weil sie Englisch mit deutschem Akzent sprach, und dass für ihn mit deutscher Herkunft das Leben in der Schule in dieser Zeit nicht leicht gewesen sei. Eine Schülerin wollte wissen, ob es Auswirkungen der Vergangenheit auf ihr Leben geben würde. Diese Frage wurde mit einem: „Ja, gewiss“, beantwortet.
In Australien gibt es einen Shoa-Gedenktag. Viele junge australische Juden gehen nach dem Abitur nach Israel. Von dort werden Fahrten nach Auschwitz organisiert, zum Beispiel zu dem „March of The Living“. Max Dzienciol sagte, es gebe in der zweiten Generation in Australien eine starke Verbundenheit mit Europa. Die Frage, welches Land die Eltern als ihre Heimat ansahen, haben die Gäste ihren Eltern nie gestellt, aber sie wissen, dass die Eltern froh waren, in Australien in Sicherheit zu sein.
Zum Schluss fragte Jeanette die Schüler, ob sie am Abend ihren Familien von dem Unterrichtsgespräch erzählen würden.
Anschließend wurden alle Gäste im Lehrerzimmer vom Direktor begrüßt und mit einem koscheren Imbiss bewirtet. Es wurde mit koscherem Sekt angestoßen und es ergaben sich informelle Gespräche. Von den Besuchern wurde ausdrücklich später die große Gastfreundschaft des Gagern-Gymnasiums gewürdigt, insbesondere die koscheren Speisen und Getränke.