Viele der Fragen der Jugendlichen drehten sich um das Thema Emigration. Was bedeutet es, die Heimat zu verlassen? Wie ist es dem Vater gelungen, in Brasilien Fuß zu fassen?
Auch für die Lehrerin, Amalia dos Santos, war das Gespräch etwas Besonderes. Sie stammt ursprünglich aus Portugal und konnte sich mit Gisele Croitoru-Federman auf Portugiesisch unterhalten.
Die Geschichtslehrerin beendete das interessante Gespräch mit einer Abschlussrunde, in der die Schülerinnen und Schüler sich bedankten und zum Ausdruck brachten, wie wichtig solche Gespräche für sie sind. Auch Gisele Croitoru kehrt bereichert in ihre jetzige Heimat zurück. Sie habe viel gelernt, habe junge Menschen mit so vielen unterschiedlichen Hintergründen kennengelernt. Beeindruckt war sie vor allem davon, wie die Jugendlichen miteinander umgehen, wie sie voneinander lernen. „Very inspiring“, so ihr Fazit.
Die ganze Klasse wünschte sich bei der Verabschiedung ihrer weitgereisten Gäste, es möge künftig noch weitere Treffen dieser Art geben, die einen lebendigen und persönlichen Geschichtsunterricht in der Schule ermöglichten.
Die Tochter von Siegbert Federmann ist für die Einladung der Stadt Frankfurt ebenfalls sehr dankbar, da ihr das Besuchsprogramm die Gelegenheit gab, die Spuren des Vaters zu suchen. Jetzt habe sie allerdings noch eine wichtige Mission zu erfüllen. Sie müsse ihrem Sohn ein Borussia-Dortmund-T-Shirt kaufen. Sicher lässt sich sagen, dass die deutschen Wurzeln wohl auch weiterhin in der Familie präsent und allgegenwärtig bleiben.
Zurück zu den Wurzeln – Nun kommen die Kinder ehemaliger Frankfurterinnen und Frankfurter
Von Sandra Vucic (12 a)
Nach so vielen Jahren wieder in das Heimatland zurückzukehren oder das Vaterland zu besuchen, aus dem die Vorfahren vor so langer Zeit geflohen sind, war ein seltsames Gefühl für Gisele Croitoru-Federman, einer Brasilianerin mit deutschen Vorfahren. Und bei Feva Kroch, einer älteren Frau, wurden Erinnerungen aus der Kindheit und an die Flucht nach Uruguay geweckt. Diese Eindrücke und Gefühle haben die Besucher am letzten Freitag mit den Schülern der Ernst-Reuter-Schule 1 geteilt. Mit sehr viel Interesse und Spannung, wie die nächsten zwei Stunden aussehen werden, warteten die Schüler auf die Gäste. Der Empfang verlief sehr freundlich und die Gäste waren sehr entspannt, sie stiegen sofort in Gespräche mit den Schülern ein und bezogen sich auf deren Fragen.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der Schüler stellten sich die Gäste nacheinander vor, erzählten einiges über ihr Leben, ihre Vorfahren und ihre Wurzeln. Sie waren sehr offen, was das Gespräch mit ihnen interessant machte und wirklich eine Vorstellung von der damaligen Zeit hervorrief. Vor allem Feva Koch, die als Kind mit ihren Eltern nach Uruguay geflüchtet war, bewegte die Schüler mit ihrer Geschichte. Sie konnte sich genau an ihre Flucht aus Deutschland erinnern, wie ihre Mutter damals nur ein paar Sachen gepackt hatte und mit ihr geflohen war. Für sie als kleinem Mädchen war es nicht verständlich, wieso die anderen Kinder sie plötzlich mieden, sie nicht mehr in den Kindergarten durfte und wieso ihre Familie so weit umzog. Man bekam eine Vorstellung, wie das Leben der Menschen von heute auf morgen komplett umgekrempelt wurde.
Die Brasilianerin Gisele mit deutschen Vorfahren, die mit ihrem kolumbianischen Ehemann heute in den USA lebt und zu diesem Anlass aus Miami angereist ist, konnte zwar nicht sehr viel aus der Zeit des Nationalsozialismus und der Flucht der Großeltern und Eltern berichten, weil sie zur zweiten Generation der Opfer des Nationalsozialismus gehört, aber sie gab einen Einblick in ihre Welt, wie sie aufgewachsen ist und erzogen wurde und inwieweit sie mit der deutschen Kultur in Verbindung steht. So erzählte Gisele Croitoru-Federman, wie es für sie war, nach Deutschland zu kommen und was für ein seltsames Gefühl es für sie persönlich war, als sie die Geburtsurkunden ihres Vaters und Onkels, die ursprünglich aus Frankfurt stammen, empfing und mitnahm. Sie erzählte außerdem von dem Leben ihres deutschstämmigen Vaters, der eine Brasilianerin geheiratet hat und dort lebt, aber die deutsche Tradition kennt und auch danach lebt.