KURZBIOGRAPHIE

Dr. Pierre Adler
geb. als Peter Adler 1927 in Frankfurt a. M.

Teilnahme am Besuchsprogramm 2016
mit Ehefrau Ruth und den beiden Töchtern Corinne und Marion

Beruf:
Arzt für Allgemeinmedizin, Paris

Letzte Frankfurter Adresse:
1938: Taunusstraße 3

Schulbesuch in Frankfurt:
Philantropin
Heinemannsches Institut

Verfolgung

  • Verhaftung des Vaters während des Novemberpogroms 1938
  • Auswanderung der Familie nach Frankreich 1939
  • Flucht in die Schweiz 1942

Eltern:
Hans-Otto Adler und Adelaide Adler, geb. Bamberger;
Emigration 1938 nach Frankreich

Großmutter:
Rosa Bamberger, geb. Koref; Emigration 1938 nach Frankreich

Urgroßmutter:
Recha Koref, geb. Fleischhauer
geb. 10.4.1854 in Halberstadt
Deportation am 18.8.1942 nach Theresienstadt
gest. 1.9.1942 in Theresienstadt

Großonkel
Dr. Leo Koref
geb. 30.1.1876 in Rawitsch, damalige preußische Provinz Posen
Deportation am 18.8.1942 nach Theresienstadt
gest. 17.10.1942 in Theresienstadt


Quellen:

  • Hessisches Hauptstaatsarchiv
  • Neue Züricher Zeitung , 13. Februar 1997
  • Conférence im Memorial de la Shoah, Paris, 2009
  • Transskription der Audio-Aufzeichnung eines Gesprächs mit Herrn Dr. Adler am 9.6.2015 in Paris (Doris Stein)
  • Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt (PJLF): Mitschrift des Gesprächs Herrn Dr. Adlers mit einer Lerngruppe der Carl-Schurz-Schule, Frankfurt, am 23. Mai 2016 (Doris Stein)

Fotos:

  • Privatbesitz der Familie Dr. Adler
  • Karl Weisel
  • Dr. Wolf Jöckel
  • Ellen Holz
  • Hessisches Hauptstaatsarchiv

Text und Recherche:
Doris Stein

Dr. Pierre Adler

„Ich vergesse Euch alle nicht“

von Doris Stein

„Ich vergesse Euch alle nicht“, so ist der Titel eines Beitrags von Dr. Pierre Adler in der „Neuen Züricher Zeitung“ vom 13. Februar 1997, in dem er voll Dankbarkeit an die Güte und Hilfe erinnert, die ihm als 15jährigem jüdischem Flüchtlingskind von verschiedenen Menschen in der Schweiz entgegengebracht wurden.

Mit 89 Jahren war der in Paris als Arzt praktizierende Dr. Pierre Adler als Teilnehmer des Besuchsprogramms 2016 wieder in seiner alten Heimatstadt Frankfurt, die er als Elfjähriger Ende 1938 zusammen mit seinen Eltern und seiner Großmutter verlassen musste.

Die großherzige und versöhnliche Grundhaltung, mit der sich Dr. Adler an die Umstände von Flucht und Emigration erinnert, war auch prägend bei seinem Gespräch mit einer Lerngruppe der Carl-Schurz-Schule.

Frankfurt

Peter Adler wurde 1927 als einziger Sohn von Hans-Otto und Adelaide Adler in Frankfurt geboren. Die Familie wohnte zunächst in Niederrad, dann in der Taunusstraße 3. Peters Vater war Vertreter für eine große Stofffirma. Peters Mutter entstammte einer traditions-reichen Rabbinerfamilie. Die Familie Adler selbst war aber nicht religiös. „Meine Großmutter aber, also die Mutter meiner Mutter, war noch ganz streng religiös. Meine Großmutter hat bei uns gewohnt. Wir mussten zuhause einen doppelten Haushalt führen für die koschere Küche, mit getrenntem Geschirr, getrennten Töpfen usw.“ Diese Glaubensverbundenheit der Großmutter änderte sich schlagartig, als während dem Novemberpogrom 1938 Peters Vater verhaftet wurde. „Als sie meinen Vater abgeholt haben – meine Großmutter hat ihren Schwiegersohn sehr geschätzt – da hat sie gesagt: ‚Also, wenn der liebe Gott sowas erlaubt, dann will ich nichts mehr von ihm wissen‘. Und von dem Tag an hat sie aufgehört“.

Bereits in den Jahren vor 1938 hatte Peter Adler ein Gespür für Gefahr – und entsprechende Erfahrungen. Er besuchte zunächst das Philantropin, dann das Heinemannsche Institut. Für seine Eltern war klar, dass ihr Sohn in eine jüdische Schule gehen sollte. „Auf dem Gymnasium waren bis 1938 auch jüdische Schüler. Die waren aber nicht sehr glücklich und wurden auch gar nicht gut behandelt. Auch von den Lehrern nicht. Das wollten meine Eltern mir nicht antun.“

„In der Taunusstraße wohnte über uns eine Familie. Die war immer furchtbar nett zu mir. Die hatten auch Kinder. Mit denen hab ich gespielt. Die Eltern waren Nazis, Parteimitglieder. Die wollten dann eines Tages unsere Wohnung, die schöner war als ihre. Da mussten wir dann raus. Aber der Mann hat meinen Eltern gesagt: ‚Lassen Sie den Jungen boxen lernen. Der muss sich verteidigen können. Denn irgendwann kriegt er es mit der Hitlerjugend zu tun. Das ist klar‘. Ich hab dann auch boxen gelernt. Das hat mir sehr geholfen, denn ich bin öfters mal von Hitlerjungen angegriffen worden. Dass Gefahr bestand, das war mir vollkommen klar“.

Virulent wurde die Gefahr während des Novemberpogroms. Am 10. November morgens um 7 Uhr wurde Peters Vater von der Gestapo verhaftet und nach Buchenwald gebracht. Peters Mutter wandte sich hilfesuchend an ihren Bruder, der bereits 1933 nach Frankreich ausgewandert war, nachdem er gleich nach Hitlers Machtübernahme seinen Berliner Studienplatz für Jura verloren hatte. Dank eines durch diesen Kontakt beschafften Einreisevisums für Frankreich wurde der Vater nach 4 Wochen aus Buchenwald entlassen – mit der Auflage, sofort auszuwandern. Dr. Adler erinnert sich noch heute an den Wortlaut der „Abschiedsrede“ des Buchenwalder SS-Manns für die 4 oder 5 Mitgefangenen, wie sie ihm der Vater erzählt hat. „Meine Herren, Sie wandern aus. Ich gebe Ihnen den Rat, das Maul zu halten. Sollten sie aber trotzdem reden und erzählen, was Ihnen hier passiert ist und was Sie gesehen haben, finden wir Sie auf jeden Fall und bringen Sie hierher zurück. Das ist dann für lebenslänglich. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Das dauert nicht lange“.

Die Entlassung aus Buchenwald war an die Bedingung der Auswanderung geknüpft. Peters Vater musste das bei der Gestapo unterschreiben. Da er aber während der Buchenwald-Wochen keinen Kontakt zur Familie hatte, wusste er nichts von dem Visum. Seine Frau war deshalb in Sorge. „Mein Vater war ein typischer Deutscher. Wir wussten, dass er als erstes nach Buchenwald auf die Gestapo kommt. Wo er unterschreiben sollte, dass er innerhalb kürzester Zeit – ich glaube, es war sogar begrenzt auf 4 oder 6 Wochen – auswandern wird. Nun hatte mein Vater ja überhaupt keine Verbindung zur Familie, während er in Buchenwald war. Wusste also überhaupt nicht, ob ein Visum da war oder nicht. Meine Mutter hat sehr gefürchtet, dass dieser typisch Deutsche nicht unterschreibt, was er nicht halten kann und nicht weiß. Das hat meine Mutter dann ihrem Mann erzählt. Und da hat er gesagt: ‚Weißt du. Wenn man mal in Buchenwald war, unterschreibt man alles. Ganz egal, was man von dir verlangt‘.“

Der Abschied von Frankfurt fiel dem elfjährigen Peter leicht – so erinnert sich wenigstens viele Jahre später Dr. Pierre Adler. „Wenn man einem elfjährigen Buben seinen Vater wegholt, und wenn er dann absolut nicht sicher ist, dass er ihn wiedersieht, dann fällt es nicht schwer, den Ort zu verlassen. Trotz sämtlicher Freunde, die zurückbleiben. Das war kein großes Problem für mich. Als wir in Forbach mit dem Zug über die Grenze gefahren sind, fragte ich meinen Vater: ‚Sag mal, kann man jetzt wieder alles sagen?‘. Ich war elf Jahre alt. Also selbst das war mir klar, dass man das Maul halten muss“.

Frankreich

Der Anfang in Paris war für die Familie nicht leicht.

Die sorgfältig zusammengestellten Listen mit dem Umzugsgut waren zwar im Wesentlichen von der deutschen Zollfahndungsstelle bewilligt worden – „Gegen Freigabe des Umzugsguts bestehen keine Bedenken, wenn 150 RM gezahlt werden“, so heißt es im Bescheid vom 13.2.1939 für die Großmutter, Rosa Bamberger. Allerdings mit der Einschränkung: „Von Silbergegenständen wurde einkomplettes Besteck freigegeben, alles übrige zusammen mit Silber des Schwiegersohns Hans Adler der städt.Darlehensanstalt übergeben“.

Die Auslieferung in Paris aber verzögerte sich, weil zunächst Aufenthaltbewilligungspapiere beschafft werden mussten. Bis das gelungen war, gab es bereits Krieg – und keine Auslieferung mehr. Das gesamte Umzugsgut wurde 1942 zurück nach Deutschland transportiert und war so für immer der Familie verloren. Den jungen Peter Adler schmerzte insbesondere der Verlust seiner umfangreichen Briefmarkensammlung.

Auch Wohnungs- und Arbeitssuche gestalteten sich schwierig. Die alten Kontakte des Vaters als Vertreter einer großen Stofffirma waren in Paris nutzlos. Zunächst kam die Familie bei einem Cousin des Vaters unter. Durch dessen Vermittlung verdiente der Vater ein wenig Geld mit der Anfertigung von Schmuckstücken und handgemachten Knöpfen für die Haute couture. Nach einigen Wochen in einem kleinen Hotel fand die Familie 1939 schließlich eine preiswerte Wohnung im 20. Arrondissement.

Die Verhältnisse verschlechterten sich weiter mit Ausbruch des Krieges. Innerhalb kürzester Zeit wurde der Vater als „feindlicher Ausländer“ interniert, später auch die Mutter. Die Familie – mitsamt der Großmutter – fand schließlich wieder zusammen in Bellac, einer kleinen Stadt in der Haute Vienne, nachdem der Vater, vom Militär als travailleur étranger eingezogen, mit der gesamten französischen Armee in den Süden geflohen war.

„Im August 1942 kam eines Abends ein Beamter der Préfecture, aus Limoges. – Da war eine ganze Flüchtlingsgemeinschaft. Meine Eltern haben versucht, da ein bisschen zu arbeiten als Sozialarbeiter. Und infolgedessen hatten sie es mit diesem Beamten zu tun. – Der Beamte also kam eines Abends im August 1942 und sagte: ‚Ihr müsst verschwinden. Ihr steht am Kopf der Liste zur Deportation. Was ihr macht, weiß ich nicht. Aber verschwindet‘. Wir haben einen Freund meines Onkels, der in der Widerstandsbewegung war, alarmiert. Der kam, hat uns nach Lyon zu einer Widerstandsfamilie gebracht, bei der wir mehrere Wochen gewohnt haben. Ich weiß weder den Namen noch die Adresse dieser Familie. Das war Tabu. Darüber wurde nicht gesprochen. Das ist sehr schade. Ich hätte gerne diesen Leuten nach dem Krieg gedankt. Die haben uns aufgenommen – ohne Lebensmittelkarten. Haben uns ernährt mit dem, was sie hatten. Und das ein paar Wochen lang.“

Schweiz

Am 13. September 1942, einem Sonntag, gelang schließlich die Flucht in die Schweiz. Fischer brachten die vierköpfige Familie mit ihrem Boot über den Genfer See, von Amphion aus an das Ufer bei Cuilly. Als sie sich auf der Landstraße Cuilly näherten, wurden sie von einem Polizisten angesprochen, schenkten ihm reinen Wein ein – und erlebten einen feinfühligen und hilfsbereiten Menschen, an den sich Dr. Adler bis heute mit großer Dankbarkeit erinnert. Der Polizist brachte die Familie in sein Kommissariat, bat sie, 10 Minuten zu warten, kehrte in Zivilkleidung zurück und begleitete sie im Zug nach Lausanne ins Zentralkommissariat und dann zur Heilsarmee. „Das hat er nicht in Uniform machen wollen. Wir waren so nicht als seine Gefangene, sondern als Menschen unterwegs. Das war meine erste menschliche Begegnung in der Schweiz. Ich hab mehrere gehabt.“

Die nächsten Wochen verbrachte die Familie in einem Ferienheim der Heilsarmee oberhalb von Montreux, sodann einige Monate in einem Auffanglager der Armee in Lausanne. Während Eltern und Großmutter in dem Lager verblieben, kam der nun 15jährige Peter im März 1943 zu einer Bauernfamilie im Berner Oberland, nach Embergboden/Fahrni in der Nähe von Steffisburg. Auch an diese Familie denkt Dr. Adler mit Dankbarkeit zurück. „Die wollte mich nicht als billige Arbeitskraft. Nein. Rein humanitär. Die wollten einfach helfen. Nichts weiter.“ In seinem Beitrag in der „Neuen Züricher Zeitung“ vom 13. 2.1997 schreibt Dr. Adler: „Ich vergesse Euch nicht, Familie F., Eure Wärme, Euer selbstloses Verhalten einem 15jährigen jüdischen Flüchtlingskind gegenüber“.

Dank der Familie F. konnte Peter auch wieder die Schule besuchen. Und auch hier begegnete er mitfühlenden und mitdenkenden hilfsbereiten Menschen. Der Englischlehrer der Steffisburger Sekundarschule fragte Peter eines Tages nach seinem Berufswunsch. Auf die Antwort „Mediziner“ hin erwiderte er: „Was tust du denn dann hier? Verlierst Deine Zeit. Du musst aufs Gymnasium. Das Gymnasium ist in Bern. Hier gibt’s keins. Ich kümmere mich drum. Ich find dir eine Familie in Bern“.

Und so kam Peter für zwei Jahre zu einer Pfarrersfamilie nach Bern und besuchte das dortige Gymnasium, nachdem er, der bislang keinerlei Lateinunterricht hatte, mit Hilfe einiger Grammatiken und Lateinbücher des Steffisburger Englischlehrers sich im Selbststudium auf das Niveau von 3 Jahre Lateinunterricht gebracht und das Latein-Aufnahme-Examen „zwar mittelmäßig, aber immerhin“ bestanden“ hatte.

Mit dem gleichaltrigen Sohn der Pfarrersfamilie ist Herr Dr. Adler bis heute befreundet. Das Pfarrerspaar erlebte er wie sein „zweites Elternpaar“, die ganze 8köpfige Pfarrersfamilie wuchs ihm „eng ans Herz“. Als ganz besonders beeindruckend und liebenswert empfand und empfindet er, dass der Pfarrer keinerlei Bekehrungsversuche machte. „Das einzige, was Pfarrer B. bedauerte, war, dass ich nicht viel Gebrauch von der Berner Synagoge machte. Ich war damals tatsächlich öfter in seiner Kirche, um seine Predigten zu hören, als dass ich in die Synagoge ging. Was dieser Mann zu sagen hatte, schien mir wertvoll.“ So schreibt Dr. Adler in dem Artikel der NZZ, um wiederholt zu versichern, er werde den Englischlehrer, Herrn G., und die Pfarrersfamilie B. bestimmt nie vergessen.

Dr. Pierre Adler ist sich sehr bewusst, dass er „sehr viel Glück“ hatte. „Die Schweiz ist ja teilweise sehr rabiat mit Flüchtlingen umgegangen, hat sie zurückgeschickt oder gar direkt an die Deutschen ausgeliefert“. Umso dankbarer ist er für die ihm widerfahrene Hilfe. Die Familie rechnete stets damit, dass die deutsche Wehrmacht ganz Frankreich besetzen und dass es dann keinen Schutz vor Deportationen mehr geben werde. „Ich wusste 1942, was im Osten von Europa, was in Treblinka, was in Majdanek geschieht. Das war mir vollkommen klar. Das wusste ich von Leuten, die mir das erzählt haben. Woher die ihre Informationen hatten, kann ich nicht sagen. Aber man sprach darüber. Der Glaube, dass wir Juden in den Osten umgesiedelt werden und dass es da Arbeit für uns gibt und es uns besser geht, dieser Glaube war anfangs da. Aber es wurde sehr schnell bekannt, dass da Dinge vorgehen, die mit Arbeit nichts zu tun haben. Ich bin monatelang mit einer Rasierklinge in der Tasche herumgelaufen. Mit 14 oder 15 Jahren. Ich hab mir gesagt: ‚Lebendig kriegen sie mich nicht‘.“

Die Jahre in der Schweiz aber sind Dr. Adler in glücklicher Erinnerung geblieben – auch wenn er über lange Zeiten von seinen Eltern getrennt war. „Ich hab mir immer gesagt: ‚Die Eltern leben. Sie sind nicht gefasst von den Deutschen. Irgendwann kommen wir auch wieder zusammen‘“.

Zurück nach Frankreich

Nach Kriegsende, im September 1945 verließ der junge Peter Adler die Schweiz, um in Frankreich wieder mit seinen Eltern zu leben. Der Vater hatte den Krieg in einem Arbeitslager bei Zürich verbracht, Mutter und Großmutter bei einem Pfarrer in Steffisburg. In der Schweiz bleiben konnte die Familie nicht. Nach Deutschland zurück wollte die Familie nicht. „Die Frage hat sich nie gestellt. Für meine Eltern gab es kein zurück nach Deutschland. Es war ja auch niemand mehr da, in Deutschland. Die Familie, die noch in Deutschland war, als wir raus sind, ist entweder gestorben oder in der Deportation umgekommen. Also, was sollten wir in Deutschland?“

Das Leben in Paris war zunächst nicht leicht. Die Eltern fanden Arbeit in einem jüdisch-russischen Hilfswerk, in dem sie sich um junge Menschen kümmerten, die aus verschiedenen Konzentrationslagern, vor allem aus Buchenwald, kamen.

Die durchlöcherte Schullaufbahn des jungen Peter Adlers brachte es mit sich, dass er als 18jähriger in der Terzia eines Pariser Gymnasiums mit lauter 15jährigen landete. Mit viel Energie und Fleiß gelang es ihm, Klassen zu überspringen, in kurzer Zeit Abitur zu machen und seinen lange gehegten Berufswunsch, Mediziner zu werden, in Angriff zu nehmen.

Leben wollte die Familie Adler nicht mehr in Deutschland. Aber Besuche in Deutschland fanden immer wieder statt. So auch im Mai 2016 zur Verlegung von Stolpersteinen für Leo und Recha Koref, Großonkel und Urgroßmutter von Peter Adler, die in Theresienstadt umgekommen sind.

Die Haltung von Dr. Pierre Adler zu Deutschland ist ohne Bitterkeit. In seinem Gespräch mit der Lerngruppe der Frankfurter Carl-Schurz-Schule am 23. Mai 2016 betonte er seine Überzeugung, „dass man auf gar keinen Fall eine Gesamtschuld für das deutsche Volk annehmen darf. Die gibt es nicht. Das sind einzelne Gruppen. Aber nicht das ganze Volk. Das ganze Volk ist nicht schuld. Es war nie das ganze Volk. Auch nicht im Krieg. Es waren sehr viele, die mitgegangen sind, weil sie mussten. Aber es war nie die Schuld des ganzen Volkes. Keineswegs.“