Kurzbiographie

Name:
Adelheid Jacobi, geborene Hanau

Teilnahme am Besuchsprogramm: 2005

Geboren:
am 05.03.1869 in Völklingen

Letzter Wohnsitz in Bad Homburg:
Alte Mauerstraße 6

Christin jüdischer Herkunft
Ehemann nichtjüdisch
Verhaftung im Mai 1943
05.07.1945 Rückkehr aus Theresienstadt

Töchter:

  • Else Stephan, geb. 1900
  • besuchte Schule: Lyzeum (heute Humboldtschule) in Bad Homburg
  • Lehrerin, entlassen 1933
  • arbeitete in der NS-Zeit u.a. als Gemeindesekretärin der Erlöserkirche
  • Wiedereinstellung als Lehrerin nach 1945
  • Ihr Sohn Karl-Heinz Stephan, geb. 1926, knüpfte als Lehrer des Gymnasiums Oberursel erste Kontakte mit dem israelischen Kibbuz Geva

Berta Diebel, geb. 1895

  • besuchte Schulen: Elisabethenschule Frankfurt, Lyzeum (Humboldschule) Bad Homburg
  • Lehrerin, entlassen 1933
  • Wiedereinstellung nach 1945
  • Sohn fiel 1944 als Soldat im 2. Weltkrieg

Text:
Margret Nebo

Clara Adelheid Jacobi, geb. Hanau

„Herr, lass mich meine Kinder wiedersehen“

von Margret Nebo

Von Völklingen nach Homburg

Frau Jacobi stammte aus Völklingen, Kreis Saarbrücken, wo sie am 05.03.1869 als Tochter des jüdischen Kaufmanns Julius Hanau und seiner Frau Amalie, geb. Coblenz geboren wurde.
Am 17.01.1894 heiratete sie in Metz, damals noch deutsch, den kaiserlichen Telegrafensekretär Carl Jacobi, der aus einer alten Homburger Familie stammte. Vor der kirchlichen Trauung Ende des Jahres war Frau Jacobi zum evangelisch-lutherischen Glauben konvertiert.

Die Familie zog 1902 mit den beiden inzwischen geborenen Töchtern Berta und Elisabeth (Else genannt) nach Homburg in das Elternhaus von Herrn Jacobi in der Alten Mauergasse 6. Dort lebte Frau Jacobi nach dem Tod ihres Mannes (1930) und ihres Schwiegersohns Heinrich Stephan (1931) zunächst zusammen mit ihrer Tochter Else und deren Sohn Karl-Heinz, später auch mit der verwitweten Tochter Berta Diebel.

Schwierige Zeiten für die Familie ab 1933

Beide Töchter Jacobi wählten den Lehrerberuf. Frau Stephan hatte ihr Referendariat an der Kaiserin-Auguste-Victoria-Schule (die heutige Humboldt-Schule) absolviert und fand, nach siebenjähriger Ehe verwitwet, eine Anstellung in der Städtischen Mittelschule Friedrichsdorf.

Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 14. Januar 1933 bedeutete aber für die beiden berufstätigen Frauen das Berufsverbot. Für die Mutter brachte das Gesetz zunächst die Kürzung bzw. etwas später den Wegfall ihrer Rente, weil sie plötzlich als Jüdin galt.

Hilfe von mutigen Menschen

Nur durch die Hilfe von guten Freunden konnte die finanziell schwierige Situation der Familien erleichtert werden. Frau Stephan konnte auf Veranlassung von Pfarrer Ohly einige Zeit als Sekretärin im Gemeindebüro der Erlöserkirche arbeiten. Familie Pauly, Besitzer der Zwiebackfabrik in Friedrichsdorf, brachte notwendige Lebensmittel. Dr. Alfred Teves, Industrieller und Gegner des Regimes, stellte Frau Stephan 1940 als Privatsekretärin in seiner Villa an der Tannenwaldallee ein. Das bedeutete für die in Not geratenen Familienmitglieder nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern auch Hoffnung auf Schutz.

Der Leidensweg von Frau Jacobi

Diese Hoffnung war trügerisch. Mit der Vorladung der Homburger Ortspolizei vom 18.05.1943 wurde Frau Jacobi aufgefordert, sich am 20.05. bei der GESTAPO Frankfurt, Lindenstr. 27, einzufinden. Von dort wurde sie in das jüdische „Wohnheim“ Hermesweg 5 eingewiesen, aber der Kontakt zu ihren Töchtern brach nicht ab. Am 07.01.1944 wurde sie dann ins KZ Theresienstadt „evakuiert“, von wo aus die beiden Töchter im vier-wöchentlichen Turnus wenige Zeilen vom Befinden der Mutter erhielten. Ein tiefer Glaube und die Liebe zu ihrer Familie gaben Frau Jacobi die Kraft zum Überleben.

Rückkehr nach Bad Homburg

Im Juli 1945 konnte Clara Jacobi zu ihrer Familie zurückkehren. Aber erschütternde Nachrichten erwarteten sie dort: Ihr 1923 geborener Enkel Carl Wilhelm Diebel war noch vor dem Kriegsende 1944 gefallen. Ihre Schwester, der Schwager und deren sechs Kinder waren in der Shoah umgekommen.
Als im Dezember 1945 der Schulbetrieb wieder aufgenommen wurde, durfte sie noch die Freude erleben, dass beide Töchter sofort wieder in ihrem Beruf arbeiten konnten: Frau Diebel ging an die Landgraf-Ludwig-Schule, Frau Stephan kehrte an ihre Ausbildungsschule zurück.

Die Strapazen der Verfolgung, eine Krebserkrankung und ihr Alter führten bald schon zum Tod von Frau Jacobi am 27. September 1947. Sie wurde auf dem evangelischen Friedhof am Untertor bestattet.

„In der Not der Zeiten Tor und Herzen weiten“ – Engagement nach 1945

Dies ist die Inschrift auf der Ehrenplakette, die die Stadt Bad Homburg ihrer Stadtältesten Frau Stephan nach ihrem Tod 1967 als Auszeichnung für ihre vielen Verdienste auf verschiedenen Ebenen des kommunalpolitischen und kulturellen Lebens in ihrer Heimatstadt gewidmet hat und die sie ihrem Sohn als Ehrung für seine verstorbene Mutter überreichen ließ.

Karl-Heinz Stephan, Oberstudienrat am Gymnasium Oberursel, initiierte zusammen mit Nathan Höxter einen Schüleraustausch, aus dem die Partnerschaft mit dem Kreis Gilboa entstand.