KURZBIOGRAPHIE

Name:
Yoram Igael

Teilnahme am Besuchsprogramm: 2012
Teilnahme der Mutter Aviva: 1997

Geboren:
1953

Mutter:
Aviva Igael, geb. Ingeborg (in Frankreich Yvette) Simon, geb. 1923

Wohnung der Großeltern, Caroline und Julius Simon, in Frankfurt:
Falkensteiner Straße

Schule von Ingeborg Simon:
Philantropin

Emigration:
Flucht über Frankreich nach Palästina/Israel

Herkunft der Vorfahren:
Urgroßmutter Jenny Glauberg stammte aus Langenselbold


Quellen:

  • Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945?, Königstein 1988, erweiterte Neuauflage 2007
  • Heimatverein Langenselbold
  • Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt (PJLF): Aufzeichnung des Gesprächs von Aviva Igael in der Carl-Schurz-Schule 1997
  • PJLF: Aufzeichnung des Gesprächs von Yoram und Malka Igael in der Bettinaschule am 01.06.2012
  • Zeitschrift „Der Israelit“

Fotos
Yoram Igael
Ellen Holz und Katja Walter

Text:
Ellen Holz, Angelika Rieber, Katja Walter

Yoram Igael

“We will definitely come back”

von Ellen Holz und Angelika Rieber

Ingeborg – Yvette – Aviva

Yoram Igael ist der Sohn Aviva Igaels, geb. Simon, die 1923 in Frankfurt geboren wurde und seit Ende des 2. Weltkrieges in Israel lebt. Er gehört zur Gruppe derjenigen, die erst spät, als Erwachsene, von den Erlebnissen der Eltern in Deutschland erfuhren. Eine Schlüsselrolle mag die Teilnahme seiner Mutter am Besuchsprogramm der Stadt Frankfurt spielen sowie ihre Bereitschaft mit Schülerinnen und Schülern zu sprechen.
Sie berichtete den Jugendlichen in der Carl-Schurz-Schule von ihrer Kindheit und Jugend in Deutschland und Frankreich. Für Yoram Igael war dies der Anlass, seinerseits Nachforschungen über die Familiengeschichte anzustellen. Bei seinem Besuch in Frankfurt 2012 stellte er den Schülerinnen und Schülern der Bettinaschule die Schicksale von Familienmitgliedern vor. Einigen war die Flucht ins Ausland gelungen, andere wurden deportiert und ermordet. Besonders bewegt Yoram Igael die Frage, wie er sich selbst verhalten hätte, wenn er zur Mehrheit der Bevölkerung gehört hätte.
Mit seiner Frau Malka nahm Yoram Igael das Angebot, ihn bei der Spurensuche in Frankfurt und Langenselbold zu unterstützen, gern an. Das Fazit des Ehepaars nach dem Besuch: „Wir kommen ganz sicher wieder“.

Yoram ist der Sohn von Aviva Igael, geb. Ingeborg Simon. Sie wurde am 4. November 1923 in Frankfurt geboren und lebt seit dem Ende des 2. Weltkriegs in Israel. 1997 wurde Aviva Igael als ehemalige Frankfurterin von der Stadt Frankfurt eingeladen. Damals sprach sie mit Schülerinnen und Schülern in der Carl-Schurz-Schule in Frankfurt-Sachsenhausen. Mit der Lehrerin, Doris Stein, hat sie noch heute Kontakt.

Erst als Erwachsener erfuhr Yoram Igael, was den Familienangehörigen seiner Mutter passiert war. Nach dem Gespräch von Aviva Igael in der Schule begann die ehemalige Frankfurterin auch ihrem Sohn über ihre Vergangenheit zu berichten. Das veranlasste Yoram Igael, sich auf die Spuren seiner Vorfahren zu begeben. Er erstellte eine lange Liste seiner Ahnen, über die er wenige bzw. keine Informationen hatte.

Seine Großmutter, Caroline (Carry) Goldschmidt, wurde 1898 in Frankfurt geboren und starb dort 1983, der Großvater, Julius Simon, geboren 1895 in Wiesbaden, war Rechtsanwalt und Notar. Seine Praxis hatte er in der Goethestraße in Frankfurt. Die Familie lebte erst in der Schäfergasse, dann in der Falkensteiner Straße. 1933, nachdem die National­sozialisten an die Macht gekommen waren, wurde Julius Simon von Freunden gewarnt, er sei in Gefahr. Daher flüchtete er nach Straßburg. „Ich muss verreisen“, sagte er seiner Tochter.

Aviva Igael, geborene Ingeborg Simon, erinnert sich an eine glückliche Kindheit und an gute Tage in Frankfurt, bis 1933. Sie lernte Tanzen an der Oper, fuhr mit den Eltern nach Wien. Bis 1933 war Ingeborg Simon Schülerin im Philantropin. Wenige Monate nach der Flucht von Julius Simon nach Straßburg folgten Tochter und Mutter. Die jüngeren Geschwister wurden zunächst bei Verwandten untergebracht und kamen später nach. Ingeborg Simon ging in Straßburg zur Schule und lernte dort sehr schnell Französisch. Aus Ingeborg wurde Yvette. Nach der deutschen Besetzung 1940 flüchtete die Familie in das Landesinnere von Frankreich, nach Perigueux. Als Yvette die Schule beendet hatte, besorgte sich Ingeborg/Yvette falsche Papiere. Da sie akzentfrei Französisch sprach, gab sie sich als Einheimische aus. Sie arbeitete in einem Flüchtlingsheim für Kinder und half dabei, diese entweder über die Grenze in die Schweiz zu bringen, sie in Klöstern zu verstecken oder bei französischen Familien unterzubringen.

Der Vater, Julius Simon, schloss sich dem Widerstand an, wurde verhaftet und 1944 in der Nähe von Clermont-Ferrand im Alter von 49 Jahren erschossen. Zwei Fotos von Julius Simon, eines vor der Emigration und eines während des Krieges, zeigen, wie sehr der Frankfurter durch die Flucht aus Deutschland und die vielen Demütigungen, die er erleiden musste, gezeichnet war. Für die Eltern war die Flucht der Untergang ihrer bisherigen Welt, so Aviva Igael bei dem Gespräch in der Schule. Alle Vorstellungen von dem, was ihre Zukunft bringen würde, waren zerstört.

Ingeborg Simon und ihre Mutter überlebten den Zweiten Weltkrieg in Frankreich. Caroline Simon kehrte nach Deutschland zurück. Sie wollte dort ihren Lebensabend verbringen. 1983 starb Caroline Simon in Frankfurt. Ingeborg Simon entschloss sich, nach Palästina zu gehen. Europa war für sie zu sehr mit dem Holocaust verbunden. Der Vater, die Großeltern und zahlreiche andere Angehörige waren ermordet worden. Ingeborg Simon wollte lieber eine neue Heimat finden. „Und wieder musste ich eine neue Sprache lernen“, kommentierte sie die Tatsache, wie oft sie immer wieder neu anfangen musste. Deutsch spreche seine Mutter mit einem Frankfurter Akzent, Französisch wie eine Einheimische und Hebräisch mit französisches Akzent, erzählt Avivas Sohn Yoram. In einem Kibbuz lernte Ingeborg/Yvette ihren Mann kennen und wurde zu Aviva. Im Gegensatz zur Familie seiner Frau, die aus Europa stammte, lebte die Familie von Gad Igael schon seit Generationen in Israel bzw. Palästina.

Nachdem Aviva Igael während des Krieges keine Gelegenheit zu einer Ausbildung hatte, die Anfangsjahre in Palästina/Israel vom Ankommen in der neuen Gesellschaft und dem Aufbau des Landes bestimmt waren, entschloss sich Aviva Igael im Alter von 50 Jahren, noch einmal neu anzufangen. Sie studierte Sozialarbeit an der Universität und holte das nach, was ihr vorher versagt war.
Aviva Igael kam, nachdem ihre Mutter wieder in Frankfurt lebte, oft zurück in ihre alte Heimat. Hass kenne sie nicht. Sie fragt sich, wie sie sich wohl verhalten hätte, wenn sie zur Mehrheit gehört hätte, ob sie stark genug gewesen wäre, Juden zu helfen.
Für sie war es ein großes Erlebnis, bei ihrem Besuch auf Einladung der Stadt Frankfurt mit Jugendlichen zu sprechen. Erst danach habe seine Mutter angefangen, auch ihm gegenüber ihre Geschichte zu erzählen, berichtete Yoram Igael den Jugendlichen in der Bettinaschule bei seinem Besuch in Frankfurt im Mai/Juni 2012.

Auch er war nicht das erste Mal in Deutschland, sondern hatte bereits 2009 Frankfurt besucht, als vor dem Wohnhaus der Familie seiner Mutter in der Falkensteiner Straße 1 ein Stolperstein für den Großvater verlegt wurde.

Spurensuche in Frankfurt

Die Spurensuche stand für Yoram und Malka Igael im Mittelpunkt des Besuches in Frankfurt. Neben dem offiziellen Programm der Stadt und dem Gespräch mit Jugendlichen in der Bettinaschule nahmen die beiden Gäste gerne das Angebot der Projektgruppe an, sie bei der Spurensuche zu begleiten.

Zuerst führte uns der Weg zum Institut für Stadtgeschichte, das die Unterlagen, an denen Yoram Igael interessiert war, zügig nach Israel nachsandte.
Die nächste Station war das Standesamt, das sich als gut vorbereitet erwies. Yoram Igael fand dort freundliche und hilfsbereite Gesprächspartner. Dort konnte er weitere Einzelheiten über seine Vorfahren in Erfahrung bringen.

Ebenfalls außerordentlich positiv und informativ war der Besuch auf dem alten jüdischen Friedhof. Ich konnte Klaus Meier-Ude, den früheren Verwalter des jüdischen Friedhofs, als Begleiter und Experten gewinnen. Er war sehr angetan von Yoram Igaels großem Interesse, war sehr hilfsbereit und konnte uns viele Gräber sowohl von verschiedenen Vorfahren Yoram Igaels zeigen als auch von berühmten Personen. Es wurde ein mehrstündiger Aufenthalt!

Yoram Igaels Wunsch war auch, das Elternhaus seiner Mutter in der Falkensteiner Straße 1 zu besuchen. Auch hier war die Kontaktaufnahme mit den heutigen Bewohnern im Vorfeld wichtig und hilfreich. So konnten Yoram und Malka Igael am 2. Juni das Haus besuchen, in dem Yoram schon als Kind einige Male mit seinen Eltern gewesen war. Seine Großmutter kehrte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges dorthin zurück. Nach ihrem Tod wurde das Haus an eine zionistische Organisation verkauft. Zurzeit wird es von einer zionistischen Jugendgruppe bewohnt. Yoram und Malka Igael hatten bei diesem Besuch auch Gelegenheit, mit den jungen Leuten zu sprechen, wurden sogar zu einem kleinen Fest eingeladen. Auch diese Begegnung war für das Ehepaar etwas Besonderes!

Erst als Erwachsener erfuhr Yoram Igael vom Schicksal seiner Familie

Zusammen mit Micha Ramati, Sohn von Gretel Baum, einer ehemaligen Schülerin der Viktoriaschule, wie die Bettinaschule früher hieß, besuchte Yoram Igael die Bettinaschule und sprach dort mit Schülerinnen und Schülern.
In der Schule wurden wir von Herrn Antácido empfangen, der uns zunächst zu der Gedenkstätte im Schulhof führte. Dort werden die jüdischen Schülerinnen der ehemaligen Viktoriaschule mit einem großen Denkmal geehrt. Wir wurden auch Ursula Wirwas, verantwortlich für die Gedenkstätte und die Kontakte zu den ehemaligen Schülerinnen, und der Schulleiterin der Bettinaschule, Judith Ullrich-Bormann, vorgestellt.
Nach einer gemeinsamen Kaffeepause begaben wir uns zu einem Klassenzimmer, in dem uns ca. 20 Schüler und Schülerinnen der 11. Klasse schon neugierig erwarteten. Nachdem Herr Antácido die Besucher vorgestellt hatte, begann Yoram Igael mit einer Präsentation über seine Familie, die er ausführlich anhand von Bildern erklärte.

Danach hatten die Schülerinnen und Schüler Gelegenheit, Fragen zu stellen.
Yoram Igael berichtete darüber, wie es war, in Israel als Sohn einer aus Europa stammenden Frau aufzuwachsen, die sich schwer tat, ihren Platz in der israelischen Gesellschaft zu finden. Jahrelang nahm er als Jugendlicher an den Gedenkfeierlichkeiten am Yom HaShoa teil, ohne dass ihm eine persönliche Verbindung mit dem Holocaust bewusst war. Yoram wuchs ohne seinen Großvater mütterlicherseits auf, seine Großmutter in Frankfurt besuchte er häufig mit seinen Eltern. Der Vater dagegen, der in Palästina geboren und aufgewachsen war, hatte eine große Familie.

Aviva Igael sprach nicht über ihre Vergangenheit, wollte ihren Sohn so normal wie möglich aufwachsen lassen. Aber da war irgendetwas im Hintergrund, merkte Yoram Igael an. Viel später erst erfuhr er, welches Schicksal seine Mutter, der Großvater und weitere Verwandte aus Deutschland erlitten hatten. Auch seine Frau Malka betonte, es sei nicht leicht gewesen, in Israel aufzuwachsen. Die Eltern wollten die Kinder beschützen und erzählten ihnen deshalb nichts von den eigenen traumatischen Erfahrungen. So komme es zu einem „lack of openness“, einer Leere, einer Distanz, die man spüre, aber nicht greifen könne. Malka Igael berichtete den Schülerinnen und Schülern, wie schwierig das Verhältnis zwischen Überlebenden und deren Kindern sein kann. So habe sie sich verantwortlich gefühlt, ihrem Vater zu helfen, in der israelischen Gesellschaft anzukommen.

Einige Fragen der Schülerinnen und Schüler und ihres Lehrers beschäftigen sich mit dem Verhältnis von Yoram Igael und seiner Mutter Aviva gegenüber Deutschland. Ob sich Aviva Igael eher als Deutsche, als Israelin oder als Französin fühle, wollte eine Schülerin wissen. Die Antwort von Yoram Igael ist eindeutig. Seine Mutter fühle sich als Israelin, weil sie dies wolle, sich dazu entschieden habe, aber ihre Wurzeln seien in Europa. Zwar habe sie kein Wort Deutsch mit ihm gesprochen, aber dennoch spreche sie immer noch fließend Deutsch, mit Frankfurter Akzent. Später, als Erwachsener, hatte Yoram Igael Deutsch-Kurse an der Universität besucht.

Im abschließenden Fazit betonte Procolino Antacido, wie wichtig es sei, mit Menschen zu sprechen, die in Israel leben. Auf diese Weise könnte man nicht nur mit ihnen über die Erfahrungen mit den Eltern und deren Traumata sprechen, sondern auch etwas über den Umgang mit dem Holocaust in Israel erfahren.
Der Vormittag in der Bettinaschule klang mit einem gemeinsamen Mittagessen aus, an dem auch Frau Wirwas und eine weitere Kollegin der Schule teilnahmen. Später kam noch die Schulleiterin dazu.

 

Von Katja Walter

Auf den Spuren der Familie Glauberg in Langenselbold

Das Ehepaar Yoram und Malka Igael blieb nach dem offiziellen Besuchsprogramm der Stadt Frankfurt noch ein paar Tage länger in Deutschland. So wollten sie sich unter anderem genug Zeit nehmen, um ein weiteres Mal nach Langenselbold zu fahren, eben jener Stadt, in der am 13. April 1874 die Urgroßmutter von Yoram Igael geboren wurde: Jenny Glauberg. Es war nicht der erste Besuch des Ehepaars in Langenselbold. Bereits im Jahr zuvor konnten die beiden bei einem kurzen Stadtrundgang durch das ältere Stadtviertel erste Eindrücke sammeln.

Der erneute Besuch in Langenselbold sollte den Igaels die Gelegenheit geben, auf dem jüdischen Friedhof nach Familienmitgliedern zu suchen und ihrer zu gedenken. Sie sollten zudem bei einer kleinen Stadtrundfahrt die ehemaligen Wohnhäuser der Familie Glauberg sowie den historischen Stadtteil der jüdischen Gemeinde um 1900 kennenlernen. Am Mittwoch, dem 6. Juni 2012, war es dann soweit: Ich erwartete Yoram und Malka um 10 Uhr in Langenselbold. Da das Wetter im Laufe des Tages viel Regen mit sich bringen sollte, gingen wir zunächst auf den Jüdischen Friedhof.
Yoram Igael war die Aufregung und Freude am deutlichsten anzusehen, als er den ersten Grabstein eines Glaubergs gefunden hatte. Die zum Teil sehr schlecht erhaltenen Grabsteine boten dem Ehepaar eine besondere Herausforderung; die Übersetzung war nicht immer einfach.

In Langenselbold gab es um die Jahrhundertwende eine recht große jüdische Gemeinde und zwei Familien mit dem Nachnamen Glauberg. Die Igaels fanden über 10 Gräber der beiden Familien. Yoram, der seit Jahren an einem sehr umfangreichen Stammbaum seiner Familie arbeitet, notierte und fotografierte auch die Glaubergs, die nicht im unmittelbaren familiären Zusammenhang mit ihm stehen. Seine Erklärung für das Interesse an allen Glaubergs war sehr einleuchtend: „Im Grunde sind wir doch alle verwandt. Wir haben alle eine Wurzel!“

Im Anschluss an den Besuch auf dem Friedhof nahm ich das Ehepaar mit zu einem Stadtrundgang. Das erste Ziel auf dem Rundgang war das Haus, in dem Anfang des 18. Jahrhunderts (um 1714/15) die zweite Synagoge in Langenselbold erbaut wurde. Diese neue Synagoge am Ende der damals sogenannten „Judengasse“ löste die um 1682 erbaute Synagoge in nur wenigen hundert Metern Entfernung ab. Bei der Synagoge handelte es sich um ein Doppelhaus in Fachwerkkonstruktion mit einer Mikwe, einem jüdischen Ritualbad. Das Haus wurde ebenso doppelt genutzt, als es erbaut wurde: In der einen Hälfte des Hauses wohnte eine jüdische Familie, in der anderen Hälfte befanden sich die Synagoge bzw. die Gebetsräume und die Mikwe. Heute bewohnt ein ansässiger Arzt die Räume.

Nach dem Besuch der ehemaligen Synagoge in der 1919 zur „Schäfergasse“ umbenannten „Judengasse“ führte uns der Weg weiter zu einer späteren Synagoge, die am 30. August 1849 eingerichtet wurde. Das Haus, in dem sich die Synagoge befand, war vermutlich zuvor ein Bauernhaus. Die zu jener Zeit angefertigten Pläne für einen Synagogen-Neubau wurden aus ungeklärten Gründen nicht realisiert. Schließlich beendeten wir den Rundgang im Steinweg. In dieser Straße eröffnete Hermann Glauberg, der Vater von Isaac Glauberg, im Jahr 1854 eine Mazzen-Bäckerei. Die Bäckerei wurde viel beworben und stand bereits im Jahr 1909 unter der Aufsicht des in weiten Kreisen bekannten Hanauer Provinzialrabbiners und Gelehrten Dr. Salomon Bamberger.

„Mazzenfabrik – Gegr. 1854 – Mazzenfabrik.
Der Unterzeichnete empfiehlt auf kommende Ostern sowie von jetzt ab Mazzen in bekannter prima Qualität und billig­sten Preis. Auch stehen Probesendungen zur Verfügung. Baldige Aufträge erwünscht.
Isaac Glauberg, Inh.: Hermann Glauberg. Langenselbold bei Hanau a. M.
‚Auf Verlangen bezeuge ich Herrn Glauberg, dass derselbe bezüglich Kascherut und vorsichtigem Umgang volles Vertrauen verdient, und dass ich mich durch Besichtigung seiner Bäckerei davon überzeugt habe, dass die von ihm hergestellten Mazzot am Pessach ohne jede Besorgnis genossen werden dürfen‘. Hanau, 4. Januar 1909. Dr. Salomon Bamberger, Provinzialrabbiner.:

Heute ist von der ehemaligen Mazzen-Bäckerei nichts mehr zu erkennen. Das Haus im Steinweg 4 ist derzeit ein Wohnhaus. Aber selbst wenn nicht mehr viel von den Spuren jüdischen Lebens in Langenselbold übriggeblieben ist, so hat sich das Ehepaar ganz außerordentlich über die greifbare Nähe zu seiner familiären Herkunft gefreut.
Mit einem guten Gefühl und vielen neuen Eindrücken haben sich Yoram und Malka dann mit einem großen Versprechen von mir verabschiedet: „Wir kommen ganz sicher wieder!“