Anfangs versuchten Strauß und Hirschberger den Anfeindungen zu widerstehen, wollten sie doch ihr Lebenswerk nicht einfach aufgeben. Zunehmend wuchs jedoch der Druck. Ihnen wurde beispielsweise vom Betriebsrat mit der „kochenden Volksseele“ gedroht. Da sich die beiden Unternehmer sich vor Verleumdungen und Verhaftungen fürchteten, begannen sie ab 1936 ernsthaft über den Verkauf der Firma nachzudenken. Einer der Interessenten war Willi Kaus, der ihnen nicht bekannt war, da er in dieser Branche zuvor nicht tätig gewesen war. Mit Emil Höhne, einem Wirtschaftsführer und Kreiswirtschaftsberater für Hanau, hatte sich Kaus gleich der Unterstützung durch die NSDAP versichert. Intensiv betätigte sich Höhne als Wirtschaftsprüfer. Da sich die Verhandlungen hinzogen, entschlossen sich Strauß und Hirschberger Ende 1937, mit anderen Interessenten Kontakt aufzunehmen. Daraufhin kündigten Kaus und Höhe an, ihnen ein konkretes Angebot vorzulegen. Als die beiden Unternehmer die Vorlage in Augenschein nahmen, war ihnen klar, dass das Angebot unannehmbar war. Gleichzeitig wurden sie jedoch unter massiven Druck gesetzt, beispielsweise mit der Androhung, die mögliche Nichtannahme sei Sabotage. „Diese Drohungen stürzten wie ein Keulenschlag auf uns ein,“ erklärte Hirschberger in seiner Stellungnahme 1948. Unter diesen Bedingungen sahen sie lediglich Spielraum darin, die Verkaufsbedingungen, soweit möglich, noch zu verbessern. Weit unter dem tatsächlichen Wert mussten sie schließlich ihre Firma verkaufen. 2/3 der Summe sollte ihnen sofort, der Rest in vereinbarten Raten gezahlt werden. Weiterhin war Bestandteil des Vertrags, dass die beiden Unternehmer noch bis Ende 1939 ihre Dienste zur Verfügung stellen sollten „zur Einarbeitung des Käufers und zur Überleitung der Geschäfte und geschäftlichen Beziehungen“. Hierfür sollten sie vergütet werden. In Wirklichkeit zahlte Kaus nicht den vollen Kaufbetrag mit der Begründung, es habe Beanstandungen gegeben. Vertragswidrig wurde Jacob Strauß bereits im Juni 1938 entlassen und die Bezüge eingestellt, Jakob Hirschberger war noch bis Ende September beschäftigt. Schließlich sahen sich Strauß und Hirschberger Anfang November 1938 unter der Androhung der Einweisung in ein Konzentrationslager gezwungen, einem Vergleich zuzustimmen.
Wenige Tage später, während des Novemberpogroms, sahen Sie sich weiteren Bedrohungen ausgesetzt – und konnten sich auf die Loyalität ihrer früheren Mitarbeiter verlassen. Aus berechtigter Angst vor der Verhaftung versteckte sich Hirschberger bei dem Chauffeur der Firma, Jacob Strauß verbarg sich, wie ein früherer Mitarbeiter später aussagte, im Hinterhaus des Büros der Gummiwerke Odenwald in der Mainzer Landstraße.
Ende 1938 wurden die beiden früheren Firmeninhaber schließlich genötigt, die Löschungsbewilligung zu unterschreiben, obgleich sich Jakob Hirschberger zu dieser Zeit im Krankenhaus befand.
„Sicherungsanordnung“
Zusätzlich zu den erpresserischen Verkaufsbedingungen sah sich Jacob Strauß noch den Schikanen der Finanzbehörde ausgesetzt. „In welcher Zwangslage wir uns damals befanden, zeigt ein Brief meines Teilhabers Strauß vom 18. Januar 1939 … Trotz der … geschilderten Vorgänge und der durch Höhne für Kaus erfolgten Erpressungen richtete Strauß an Höhne ´nochmals die herzl. Bitte an Sie, mir doch eine Bescheinigung zu schicken`, die dem Finanzamt vorgelegt werden sollte.“
Die oben genannte Bescheinigung brauchte Strauß dringend, da das Finanzamt Steuern für die gesamten im Vertrag vereinbarten Zahlungen verlangte. Jacob Strauß konnte durch die Weigerung von Kaus, die eigenmächtig vorgenommene Preisreduktion und Entlassung zu bestätigen, dem Finanzamt keine Beweise vorlegen.
Über ihr Vermögen konnten die beiden Unternehmer zu dieser Zeit nicht mehr frei verfügen. Sie waren bereits im Juli 1938 durch eine „Sicherungsanordnung“ der Verfügung über ihr Vermögen beraubt worden und sahen sich ständigen Kriminalisierungsversuchen ausgesetzt. „Da der Verdacht der Auswanderung der Juden besteht, ersuche ich … obige Werte… sicherzustellen“, teilte die Zollfahndungsstelle der „Devisenstelle“ mit. (HHStAW) Verzweifelt suchte Jacob Strauß nach Möglichkeiten, die noch offenen Fragen zu klären, um das Land verlassen zu können.