Nachlese zum Besuchsprogramm 2024

Unter “Besuchsprogramm” finden Sie einen Bericht zum Besuchsprogramm 2024, sowie Presseartikel.


Neue Biographie:

Hermann Freudenberger


Boykottiert – „Arisiert“ – Enteignet

ein Stadtgang auf der Frankfurter Zeil. Nähere Informationen finden Sie unter News!


Streams “Verfolgt im Nationalsozialismus – Zeitzeuginnen berichten”

Unter News finden Sie Streams von Zeitzeugeninterviews, die 2021 als Kooperation zwischen dem PJL und der HLZ entstanden sind.


Marianne Schwab im Alter von 105 Jahren verstorben

Einen Nachruf finden Sie unter News!


Neuer Rundbrief

Der neue Rundbrief aus dem Mai 2024 ist online und unter “Rundbriefe” zu finden.


Besuchsprogramm 2024

Das Besuchsprogramm der Stadt Frankfurt für die während der NS-Zeit vertriebenen Frankfurterinnen und Frankfurter jüdischer Herkunft sowie deren Nachkommen findet dieses Jahr aufgrund der Fußball-Europameisterschaft erst in der 3. Septemberwoche statt. Falls Sie Interesse haben, als Schule oder Begleiter teilzunehmen, melden Sie sich bitte bei uns!



Hanna Eckhardt verstorben

Hanna Eckhardt, Mitautorin des Buches „Rettet wenigstens die Kinder“ ist verstorben. Wir vermissen sie und werden ihr Andenken in Ehren halten. Nachruf unter News .


„Dass der Holocaust nicht einfach eine Seite im Geschichtsbuch ist“
(Felix Weil)

Vorgeschichte des Denkmalprojektes zur Erinnerung an die Kindertransporte

von Angelika Rieber

Seit 2015 setzt sich das Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt für ein Denkmal für die Kindertransportkinder ein. Nach dem Novemberpogrom 1938 konnten mit dieser außergewöhnlichen Rettungsaktion etwa 20.000 Kinder aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei mit den so genannten Kindertransporten gerettet werden.

Wie ist dieses Projekt entstanden? Eine wichtige Rolle spielt dabei das Besuchsprogramm der Stadt Frankfurt. Seit 1980 lädt die Stadt jedes Jahr eine Gruppe ehemaliger Frankfurterinnen und Frankfurter, die während des Nationalsozialismus verfolgt wurden und fliehen mussten, und inzwischen auch deren Kinder zu einem Besuch in der früheren Heimat ein. Seit 35 Jahren begleiten Mitglieder des Projektes Jüdisches Leben in Frankfurt die Besucher, unterstützen sie bei ihrer Spurensuche und laden sie zu Gesprächen in Schulen ein. Etliche von ihnen konnten mit den Kindertransporten nach England oder in andere Länder gebracht und gerettet werden.

Im Rahmen des Besuchsprogramms und darüber hinaus konnten die Mitglieder der Projektgruppe in den vergangenen drei Jahrzehnten zahlreiche Zeitzeugen interviewen und Gespräche in Schulen aufzeichnen.

Immer wieder hat sich die Projektgruppe im Laufe ihrer Arbeit intensiver mit den Lebensgeschichten der Kindertransportkinder und dem Schicksal ihrer Angehörigen beschäftigt. Dorothy Baer und Felix Weil sind mehrfach Einladungen des Projektes und der Stadt Frankfurt gefolgt, um mit Schulklassen über ihre Erfahrungen zu sprechen. Sie nahmen beispielsweise 1994 an der Einweihung einer Plakette am früheren jüdischen Schwimmbad in Niederrad teil. Bei einem dieser Besuche entstand ein Filmporträt von Dorothy Baer, das den Schulen seither als Unterrichtsmaterial zur Verfügung steht. Felix Weil wurde anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Befreiung 1945 nach Frankfurt eingeladen.

1997 organisierte die Projektgruppe ein Podiumsgespräch mit Kindertransport-Kindern im Rahmen einer Ausstellung über Kindertransporte im Lessing-Gymnasium. Mehrere ehemalige Frankfurterinnen und Frankfurter nahmen daran teil, darunter auch Kenneth Ward. „Ich bin so froh, (…) dass wir hier sprechen können, damit es nie wieder passiert und wir es nicht vergessen!“, mit diesen Worten schloss Kenneth Ward seinen Bericht über seinen Lebensweg.

Ruth Barnett, die als Kind von Berlin aus zusammen mit ihrem Bruder nach England geschickt wurde, kam mehrfach nach Frankfurt, um im Rahmen des Besuchsprogramms Treffen von Kindertransportkindern zu moderieren.

Viele weitere Gespräche mit Kindertransportkindern folgten, unter anderem mit Renata Harris, die 2012 ihre Geburtsstadt besuchte. Sie gab uns Anlass, uns noch intensiver mit diesem Thema auseinanderzusetzen und an diese beispiellose Rettungsaktion jüdischer Kinder und die Schicksale der zurückgelassenen Familienmitglieder zu erinnern. Mit Nachdruck wies Renata Harris darauf hin, dass es in Frankfurt kein Denkmal zur Erinnerung an die Kindertransporte gibt. Ihren Wunsch, eine solche Erinnerungsstätte zu errichten, hat das Projekt aufgegriffen und sich an verschiedene Personen und Institutionen gewandt, um diese für das Anliegen zu gewinnen.

Nachdem der Magistrat der Stadt Frankfurt mit einem einstimmigen Antrag des Ortsbeirates 1 die Initiative des Vereins für ein Denkmal in der Nähe des Hauptbahnhofs ausdrücklich befürwortete, koordinierte das Kulturamt in Zusammenarbeit mit dem Projekt und anderen Beteiligten die Realisierung des Denkmal-Vorhabens. Als Schirmherrin konnte die Publizistin und Moderatorin Bärbel Schäfer gewonnen werden. Ein Wettbewerb wurde ausgeschrieben und ein Entwurf ausgewählt, der im September 2021 unter Anwesenheit von geretteten Kindern eingeweiht wurde.

Der Beitrag des Vereins Projekt Jüdisches Leben in Frankfurt zu diesem Erinnerungsprojekt besteht vor allem darin, die Lebensgeschichten der geretteten Kinder aufzuarbeiten, weiterzugeben und einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen.

Ein besonderes Anliegen ist es uns, Jugendlichen das Thema näher zu bringen. Im März 2017, im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit, kamen auf Einladung des Projektes Jüdisches Leben in Frankfurt zwei Zeitzeugen der Kindertransporte, Lee Edwards und Oswald Stein, nach Frankfurt, um in verschiedenen Schulen und in einem Seminar für angehende Lehrerinnen und Lehrer über ihre Lebensgeschichten zu sprechen. 2018 stand die Erinnerung an das Novemberpogrom 1938 im Fokus. Den Auftakt hierzu bildete eine Veranstaltung am 20. Februar 2018 im Haus am Dom mit Renata Harris, die große Resonanz gefunden hat.

Neben der Biographie von Renata Harris stand bei dieser Veranstaltung auch der Lebensweg von Kenneth Ward, geboren als Karl Robert Würzburger, im Zentrum. Sein Vater, Siegfried Würzburger, war Organist in der Westendsynagoge, Musiklehrer und Komponist. Die Pianistin Professor Angelika Nebel spielte ein von Siegfried Würzburger komponiertes Werk, sein „Kol Nidre“.

Anlässlich des 80. Jahrestages der Novemberpogrome und dem Beginn der Rettungsaktion jüdischer Kinder stellte ein Team von sieben Autorinnen, die mit der Arbeit des Vereins verbunden sind, zwanzig Biographien von Kindertransportkindern und drei Biographien von Organisatoren der Rettungsaktion zusammen: Buchprojekt „Rettet wenigstens die Kinder“. Neben den Lebensgeschichten von Kindertransportkindern ist die Würdigung von Helfern und Hilfsorganisationen wie beispielsweise der B‘nai B‘rith oder der Quäker wichtiges Anliegen der Autorinnen.

Bei der Auswahl der Biographien spielte die Vielfalt der Schicksale eine zentrale Rolle. Berücksichtigt wurden verschiedene Fluchtländer, unterschiedliche Erfahrungen der Kinder in diesen Ländern, unterschiedliche Schicksale der Familienangehörigen und auch das Zurückkommen in die frühere Heimat, sei es, um dort dauerhaft zu leben, als Soldat der alliierten Armeen oder nur für einen Besuch.

Die Buchvorstellung in der Deutschen Nationalbibliothek zeigte auf welch großes Interesse das Thema in der Öffentlichkeit stößt.
Inzwischen wurde das Buch in zahlreichen Lesungen in Schulen und in öffentlichen Veranstaltungen in Frankfurt und darüber hinaus vorgestellt. Das Buch ist ein Zwischenschritt, der weitere Forschungen nach sich ziehen wird und anregen soll. Die Forschungen von Mitgliedern des Projektes über die Rettungsaktion gehen daher mit Nachdruck weiter.

Das Kindertransportprojekt ist sowohl an die interessierte Öffentlichkeit gerichtet als auch die Bildungsarbeit an den Schulen. Die in dem Buch und den Beiträgen auf der Webseite vorgestellten Biographien der Kindertransportkinder sind auch als anschauliche Unterrichtsmaterialien für die Frankfurter Schulen gedacht, um damit, dem Wunsch von Felix Weil zu entsprechen, einen Beitrag dazu zu leisten, „dass der Holocaust nicht einfach eine Seite im Geschichtsbuch ist“.

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