Das Ehepaar Rachel, so nannte sich Fanny nun, und Ernst Bensinger hatte zwei Söhne, den 1938 geborenen Gad und den 1949 geborenen Ethan.
Auch die Eltern von Rachel, Willy und Thekla Kamm, hatten sich 1938 entschlossen, ihrer Tochter nach Palästina zu folgen. Der Tante Ida Bensinger, Mitinhaberin der Firma, gelang ebenfalls die Flucht aus Deutschland. Sie lebte 1938 in Paris. Um ihr Umzugsgut zu erhalten, musste sie mehrere Erklärungen unterzeichnen, bis die Zollfahndungsstelle es endlich freigab.
Die engsten Angehörigen, die Großeltern von Ethan Bensinger, hatten durch die Emigration nach Palästina überlebt. Auch Fritz Bensinger konnte nach Kanada fliehen. Vielen Angehörigen, wie dem Großonkel Max, war die Flucht jedoch nicht mehr gelungen. Max Bensinger, bereits im November 1938 verhaftet und sechs Wochen lang im KZ Dachau interniert, wurde im September 1942 von Frankfurt aus nach Theresienstadt verschleppt und im Januar 1943 in Auschwitz ermordet.
Frankfurt-on-the-Hudson
Anfangs liefen die Geschäfte in Palästina gut. Doch nach der Staatsgründung Israels 1948 brach der Handel mit den arabischen Nachbarländern zusammen. Nach dem Tod von Hermann Bensinger 1952 entschloss sich die Familie daher, in die USA auszuwandern. Dort lebten die Bensingers zunächst in New York. Ethans Mutter war nicht glücklich über diese Entscheidung. Sie vermisste das Haus mit Garten in Tel Aviv und musste nun mit ihrer Familie in einem dunklen Appartement in der amerikanischen Millionenstadt wohnen. Der Stadtteil, in dem die Bensingers lebten, Washington Heights, war zu dieser Zeit von deutsch-jüdischen Emigranten geprägt. Man nannte ihn auch „Frankfurt-on-the-Hudson“, da viele der Einwanderer aus Frankfurt kamen. So wuchs Ethan in einem Umfeld auf, in dem die deutsche Kultur und Sprache eine wichtige Rolle spielten. Mit den Eltern und der Großmutter sprach er deutsch. Und in der Wohnung sah es vermutlich genauso aus wie vorher in Frankfurt und in Berlin mit antiken Möbeln, einem Radio von Grundig und dem Rosenthal-Geschirr.
1962 zog die Familie abermals um, nach Chicago. Dort starb Ernst Bensinger sechs Jahre später, im Alter von nur 60 Jahren.
Lebensgeschichten
Ethan war damals gerade 19 Jahre alt. Er studierte, wurde erfolgreicher Jurist, Chef einer Anwaltskanzlei und entwickelte sich immer mehr zum Experten für Emigrationsfragen. Seine Deutschkenntnisse kamen ihm in seiner beruflichen Arbeit zugute. Und das Selfhelp Home wurde ein vertrauter Ort für ihn. Seine Großmutter zog im Alter in das Heim, später auch seine Mutter, die dort zuvor ehrenamtlich gearbeitet hatte.