Vater Leopold, geboren in Bingen, und seine Frau Leah, geboren in Odessa, Russland, lebten mit ihren Söhnen Max, geboren 1911, Moritz, geboren 1914, und der 1919 geborenen Tochter Martha im eigenen Haus in der Nonnengasse im Frankfurter Ostend. Leopold war im Ersten Weltkrieg deutscher Soldat, kehrte aber invalide zurück. Für seine Verdienste erhielt er 1935 „im Namen des Führers und Reichskanzlers“ das 1934 von Reichspräsident Hindenburg gestiftete „Ehrenkreuz für Kriegsteilnehmer“.
Wie es scheint, lebten sie zunächst unbehelligt. Die Eltern betrieben einen Antiquitätenhandel im gleichen Haus, und nach dem Ende seiner Schulzeit arbeitete Max bei ihnen mit. Moritz machte eine Lehre in der Schuhfabrik Ada Ada in Offenbach im kaufmännischen Bereich. An den Abenden besuchte er Kurse in Englisch und Stenographie.
Die Bedingungen für jüdische Mitbürger verschlechterten sich drastisch nach 1933 und viele Juden entschieden sich, das Land zu verlassen. Moritz stellte einen Antrag auf ein Visum für die USA, da dort Verwandte seiner Mutter aus Odessa lebten. Zu seiner großen Enttäuschung konnte er dieses Visum frühestens nach Ablauf von vier Jahren bekommen. Er hatte schon eine undatierte Überfahrt nach Amerika gebucht, behielt aber vorsorglich die Fahrkarte.
Im Sommer 1938 verlor er seine Stelle in der Fabrik.
In der „Reichskristallnacht“ eskalierte die Situation. Am 9. November 1938 wurden Leopold und Max mit zahlreichen anderen jüdischen Männern nach Buchenwald in das Konzentrationslager gebracht, Moritz wurde einen Tag später in das KZ nach Dachau verschleppt. Da die Schiffspassage immer noch vorlag, konnte Leah damit die Freilassung ihres Mannes und ihrer beiden Söhne beschleunigen. Dies gelang nach drei Wochen, für Moritz jedoch mit der Auflage, das Land innerhalb von zehn Tagen zu verlassen.
Er tauschte das Ticket in eine Passage nach Schanghai um, da man für die Einreise nach China kein Visum benötigte. Dort Ende Dezember 1938 angekommen, erkannte er die Chance für die ganze Familie, dem Schrecken in Deutschland zu entkommen. Er telegraphierte, sie sollten sofort nachfolgen. So brachten sich schließlich auch die Eltern, Max mit Ehefrau Else und Sohn Rolf und die Schwester Martha in Schanghai in Sicherheit.
Moritz stellte bald wieder einen Antrag auf Einreise in die USA, da die Familie seiner Mutter für ihn bürgen konnte. So reiste er im Sommer 1940 über Yokohama, Japan, und Pearl Harbor, Hawaii in die USA. Er wurde sehr bald in die Armee eingezogen, erhielt übereilt die amerikanische Staatsangehörigkeit und reiste schon am 12. Dezember 1942 mit einem Truppentransport nach Großbritannien. Von dort aus nahm er am 6. Juni 1944 an der Invasion in der Normandie teil und kämpfte in Deutschland auf Seiten der Alliierten bis zur Befreiung 1945.
In die USA zurückgekehrt, hatte er endlich die Möglichkeit, die Einreise seiner Familie aus China in die Vereinigten Staaten von Amerika zu beantragen. Und wieder gelang ihm das Unfassbare: Auf Grund seiner Verdienste in der Armee wurde die gesamte Familie auf Staatskosten nachgeholt!
1947 beginnt also für die Familie Eis ein neues Leben. Leopold verbrachte seine letzten Jahre in einem Altersheim; Leah war voller Tatendrang und zog nach Chicago. Sie wurde 94 Jahre alt. Max und Familie nahmen den Antiquitätenhandel wieder auf. Max heiratete bald ein zweites Mal. 1950 wurde seine Tochter Andrea geboren.
(Zusammenfassung aus: Maurice Eis: „My Memoir 1914-2004“)
Jetzt werde ich endlich mit meiner Familie über unsere Vergangenheit sprechen!