KURZBIOGRAPHIE

Name:
Miriam Marie Liver, geb. Spier, 1935 im Frankfurter Nordend geboren

Teilnahme am Besuchsprogramm: 2012
Teilnahme der Eltern: 2008

Vater:
Dr. Selmar Spier, Jurist, geboren 1893 in Frankfurt in der Grünen Straße, Nähe Zoo.
Er schrieb in Israel ein Buch für seine Kinder: „Vor 1914 – Erinnerungen an Frankfurt“.

Mutter: Marlene Herrmann, 1910 in Luckenwalde bei Berlin geboren

Emigration: Dr. Selmar Spier emigrierte 1935 nach Palästina, ein Jahr später folgten Miriam, ihre Mutter und die beiden Großmütter. Familiensprache war auch in Israel Deutsch.

Großeltern (väterliche Seite): Simon und Berta Spier. Gemeinsam mit Simons Brüdern führten das Schuhhaus Spier in Frankfurt, zunächst in der Alten Gasse/Ecke Schäfergasse, später in der Fahrgasse.

Miriam Liver lebt mit den Familien ihrer drei Söhne bis heute in Israel.


Quellen:
Miriam Liver und Ingeborg Hoos
Selmar Spier, Vor 1914 – Erinnerungen an Frankfurt, geschrieben in Israel, Frankfurt 1961

Text:
Christa Fischer

Miriam Liver, geborene Spier

War ich innerlich bereit, nach Deutschland zu fahren?

von Christa Fischer

Miriam Liver wurde als Miriam Maria Spier 1935 in Frankfurt geboren. Zum Besuchsprogramm kam ihr jüngster Sohn mit, was Miriam ganz besonders wichtig war, um die Familienbiografie, die ihr Vater begonnen hatte, auch ihren Kindern nahezubringen.
Bei dem Besuch in Frankfurt und dem Herkunftsort der väterlichen Familie, Merzhausen im Schwalm-Eder-Kreis, kam immer wieder zum Ausdruck, dass der Bruch der Lebenslinie, von einem intellektuell, akademisch geprägten Leben in Frankfurt zum Farmleben in Israel nie überwunden wurde. Besonders der Vater hat sehr darunter gelitten.

Familie Spier: Von Merzhausen in Oberhessen nach Ramot HaShawim in Israel

Miriam Liver wurde als Miriam Maria Spier 1935 in Frankfurt geboren. Die Eltern lebten damals in der Voelckerstrasse 12, in der ihre Mutter, Marlene, geb. Herrmann, 1910 in Luckenwalde geboren, auch eine Praxis als Physiotherapeutin betrieb.

Ihr Vater, Dr. Selmar Spier, war Rechtsanwalt, wurde 1893 in Frankfurt geboren und wuchs in der Grüne Straße (Nähe Zoo) auf.
Die väterliche Familie kam aus Merzhausen/Schrecksbach in Oberhessen, wo sie seit mehreren Generationen ansässig war. Der Vater von Selmar Spier, Simon Spier, kam Ende des 19. Jahrhunderts nach Frankfurt, gründete hier mit seinen Brüdern das Schuhhaus Spier, das sich erst in der Alte Gasse/ Ecke Schäfergasse und später, nach 1908, in der Fahrgasse befand.

In Frankfurt heiratete Simon Spier die aus Merzig/Saarland gebürtige Berta Kaufmann, die mit ihrer Familie in der Eschenheimer Anlage 2 lebte. Als die Mutter seiner Frau 1933 in Berlin von der Gestapo verhaftet wurde und für kurze Zeit inhaftiert war, entschied Selmar Spier sofort, Deutschland zu verlassen und bereitete 1934 die Ausreise nach Palästina vor.
Er emigrierte 1935, ein Jahr später folgte seine Frau mit der neun Monate alten Tochter Miriam und den beiden Großmüttern.

In Ramot HaShawim, einem von emigrierten deutschen Akademikern gegründetes Dorf, siedelte sich die Familie an und betrieb dort eine Farm.
Miriam lebt bis heute mit ihren Söhnen und deren Familien in Ramot.

„Ich weiß nicht, ob es noch einen anderen Menschen auf der Welt gibt, der Frankfurt so sehr geliebt hat“ (Miriam Liver über ihren Vater)

Miriams Vater, Dr. Selmar Spier schrieb neben seiner anstrengenden Farmarbeit ein Buch über Frankfurt, das 1962 erschien: Vor 1914. Erinnerungen an Frankfurt. Er wollte seinen Kindern, von denen die beiden jüngeren Söhne schon in Palästina geboren wurden, von seinem Leben in Frankfurt erzählen.

Die Herausgabe ermöglichte der damalige Frankfurter Bürgermeister Dr. Walter Leiske.
In sechs Kapiteln beschreibt Selmar Spier zuerst das Leben seiner Familie, seine geborgene Kindheit und Jugend in der Grünen Straße und dann später in der Eschenheimer Anlage 2, im Kreise der Spiers und Kaufmanns.
Es folgt eine wunderbare, fast wehmütige Beschreibung des alten Frankfurts, mit all den oft und gerne aufgesuchten Plätzen: Die Altstadt mit ihren engen Gassen, der Zoo, der Palmengarten, die vielen Cafes, das Mainufer, die Oper und das Theater, der imposante Hauptbahnhof mit der groß­zügigen Kaiserstraße, die in die Stadt führte, sowie den Anlagenring, der zu dieser Zeit noch Reitwege hatte, und wo er als Kind so manchen Reiter beobachten konnte.

Der frühere Frankfurter beschreibt seine Schulzeit in der Samson-Raphael-Hirsch-Schule und dann später im Goethe-Gymnasium. Dem Jurastudium und der Studentenzeit ist ein weiteres Kapitel gewidmet.
In einem anderen Kapitel beschäftigt sich Selmar Spier mit seinem „Vaterland“, einem Vaterland, für das man eintrat, das man verteidigte, für das man in den Krieg zog und starb.
In seinem Schlusskapitel trifft Selmar Spier die Aussage, dass er und seine Generation „als Juden geboren und als Deutsche erzogen wurden“.

„Eines Tages war es nicht mehr das Vaterland“, so endet Selmar Spiers Bericht über seine Heimatstadt Frankfurt, die er sehr liebte und die er freiwillig nie verlassen hätte.
Es ist auch heute noch ein lesenswertes Buch. Es vermittelt anschaulich, lebhaft, aber auch nachdenklich Hintergründe und Lebenssituationen der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts in Frankfurt.

Auf Spurensuche in Merzhausen

Der Wunsch, Merzhausen kennen zu lernen, war Miriam Spier ganz besonders wichtig. Auch ihr Sohn Boaz, der zunächst die Einladung nach Frankfurt nicht annehmen wollte, und sich erst kurzfristig dazu entschloss, seine Mutter zu begleiten, war daran interessiert.
Miriam Spier wurde bereits 2011 von der Stadt Frankfurt eingeladen, musste aber wegen eines Unfalls absagen und war daher 2012 bei dem ersten Programm der zweiten Generation dabei.

Da ich seit 2011 mit ihr in Mail- bzw. Telefonkontakt stand, konnte ihr Wunsch, nach Merzhausen zu reisen, gut vorbereitet werden.
Dies erwies sich als hilfreich, da hierdurch die offiziellen Stellen rechtzeitig informiert werden konnten, um Empfang und Begleitung vorzubereiten. All dies hat mit einigen Wochen Vorbereitung wunderbar geklappt. Bürgermeister Vesper, ortskundige ältere Einwohner, die sich auch an die Nazi-Zeit und die jüdischen Familien im Ort erinnern konnten und wollten, standen zum Empfang bereit. Frau Hoos, die sich seit vielen Jahren mit der Ortsgeschichte beschäftigt und sich in der jüdischen Geschichte von Merzhausen und Schrecksbach sehr gut auskennt, hat unser Vorhaben engagiert unterstützt. Auch das Pfarrerehepaar des Ortes begleitete uns.

Bei dem Rundgang durch den Ort waren besonders zwei Stationen bemerkenswert. Das alte Schulhaus, das wir auch von innen besichtigen konnten, hat im ersten Stock einen großen Unterrichtsraum, der noch fast genauso aussieht wie um 1930. Durch Erzählungen eines älteren Bewohners von Merzhausen und die Bilder aus der Zeit, die er uns zeigte, konnten wir uns gut vorstellen, wie Schule damals ablief. Das winzige Haus, die extrem niedrigen Decken, die ein aufrechtes Gehen nur schwer möglich machten, haben uns beeindruckt.

Die andere wichtige Station auf unserem Rundgang war der Friedhof im Wald. Er liegt nicht versteckt oder weit ab vom Dorf, sondern ist direkt am Ortsende zu finden. Von dem gepflegten Zustand waren Miriam Liver und ihr Sohn angenehm überrascht, ebenso von den vielen Grabsteinen mit dem Namen Spier, die alle fotografiert wurden. Hier spürte ich, dass besonders Boaz, der Sohn von Miriam Liver, sich mit der Geschichte seiner Familie, mit seinen Wurzeln verbunden fühlte.

„Ich spreche Deutsch“

Miriam Liver im Gespräch mit Schülerinnen und Schüler der Wöhler Schule.
Auch der Schulbesuch in der Wöhlerschule konnte rechtzeitig verabredet werden, wobei für diese Vereinbarung auch der Vorstellungsabend des Projektes „Jüdisches Leben in Frankfurt“ hilfreich war. An diesem Abend war Frau Brehl, Geschichtslehrerin, mit einigen Schülerinnen und Schüler anwesend. Es ergab sich ein lebhaftes Gespräch zwischen ihnen, Miriam Spier und ihrem Sohn Boaz.

Der Schulbesuch und die Gesprächsrunde waren auf zwei Schulstunden festgelegt und wurden in einem Film festgehalten. Frau Brehl hatte für die Schüler eine Kurzbiographie von Frau Liver und mögliche Themenbereiche für das Gespräch zusammengestellt:
  • Bedeutung von Familie und Heimat; Schwierigkeiten bei der Recherche
  • Erinnerung/Umgang mit dem Völkermord aus der Sicht der Kinder/Enkel
  • Bedeutung von Auswanderung/Einwanderung,
  • Umgang mit der gemeinsamen Geschichte
  • Motivation für den Besuch

Nach der Begrüßung und Vorstellung der Gäste und den zunächst etwas zögerlichen Fragen der Schüler und Schülerinnen, die alle sehr interessiert und aufmerksam waren, führte Miriam Liver das Gespräch sehr souverän, dem ihr Sohn Boaz und ihre Freundin Hava Hallel Beiträge hinzufügten.
Miriam Liver betonte, dass Israel ihre Heimat sei und immer gewesen sei. Sie war 9 Monate alt, als sie mit Mutter und Bruder 1936 von Frankfurt nach Palästina emigrierte.

Miriam Livers Vater, Selmar Spier, hatte sich in Ramot HaShawim, einer dörflichen Siedlung in der Nähe von
Tel Aviv, niedergelassen.
Wie die meisten Emigranten baute er sich eine kleine Farm auf, züchtete Hühner, zog Obst und Gemüse. In Deutschland hatte er Jura studiert, promoviert und in Frankfurt eine eigene Kanzlei geführt.

Miriams Mutter Marlene hatte zehn Semester Medizin studiert, bis sie als Jüdin die Universität verlassen musste. Sie absolvierte dann eine Ausbildung als Physiotherapeutin, um eine eigene Praxis in der Völkerstr. 12 in Frankfurt aufzumachen. Im Adressbuch von 1935 stehen beide Eltern noch mit jeweils eigenen Einträgen vermerkt.

Das Leben der Eltern änderte sich von Grund auf, von einem bürgerlichen, intellektuellen Leben in Frankfurt zu einem einfachen, bäuerlichen Leben in Palästina. Die beiden Fotos ihres Vaters bzw. der Familie, die Miriam Liver der Klasse mitbrachte, zeigen ihren Vater als Rechtsanwalt in Frankfurt und dann als Farmer in Palästina. Wie sehr diese grundlegenden Veränderungen die Familie Spier geprägt und sich auch in das Gedächtnis der nächsten Generation einschrieben haben, lässt sich daran ablesen, dass der Bruch in der Biografie ihrer Eltern für Miriam Liver das wichtigste Thema war.

Selmar Spier war ab 1951 für die URO (United Restitutions Organization Frankfurt) tätig. In dieser Organisation vertrat er als Anwalt der Verfolgten die Rückgabeforderungen für geraubtes Vermögen. In dieser Eigenschaft war Selmar Spier hin und wieder für einige Wochen in Frankfurt. 1958 begleitete Miriam ihren Vater, der ihr bei dieser Gelegenheit seine Heimatstadt Frankfurt und die nähere Umgebung zeigte. Aus dieser Zeit stammt das Foto von ihr und ihrem Vater, das 1958 auf der Ronneburg aufgenommen wurde.
Die deutsche Sprache blieb auch in Palästina Familiensprache, vor allem, weil beide Großmütter, die mit der Familie emigriert waren, kein Hebräisch sprachen.

In Palästina wurde noch ein Bruder geboren. Alle Familienmitglieder wohnen bis heute in Ramot oder in unmittelbarer Nähe.
Miriam hat, wie alle Israelis, den Militärdienst geleistet und danach, wie ihre Mutter, eine Ausbildung zur Physiotherapeutin gemacht.
Die gebürtige Frankfurterin heiratete in Israel, wurde Mutter von drei Söhnen, hat immer in ihrem Beruf gearbeitet und gleichzeitig mit ihrem Mann die Farm weitergeführt.

Familie Liver ist ein Beispiel für die kulturelle Vielfalt Israels, die in familiärer Harmonie miteinander gelebt wird: Miriam selbst hat einen deutschen Hintergrund, ihr Ehemann einen polnischen, ihre drei Söhne, die alle verheiratet sind und Kinder haben, sind „Sabres“, also in Israel geboren. Die Ehefrauen der Söhne kommen aus Familien, die einen jemenitischen, marokkanischen und iranischen Hintergrund haben.

Alle direkten Familienmitglieder von Miriam Liver haben den Holocaust überlebt. Die frühere Frankfurterin betonte, dass nur wenige Familien dieses Glück hatten und verwies auf andere Schicksale, wie das ihrer Freundin Hava, die aus Griechenland stammt und dort unter sehr schwierigen Bedingungen die Nazi-Herrschaft überlebte. Die ganze Familie wurde über lange Zeit von orthodoxen Priestern versteckt und lebte bis zur Befreiung fast zwei Jahre in großer Angst, bis auch sie nach Palästina auswandern konnte.

Am Ende der beiden Schulstunden gab es Zeit für ein lockeres Zusammensein mit den Schülerinnen und Schüler, die in dieser entspannten Atmosphäre weitere Fragen stellten.

“Das war für uns ein besonderes Ereignis!”

Nach dem Gespräch tauschten die Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte der Wöhlerschule ihre Eindrücke über den Besuch von Miriam Liver in ihrem Unterricht miteinander aus. Hier einige der Kommentare:

Für uns war wichtig zu erleben,
  • dass Frau Liver und ihr Sohn in freundlicher und offener Weise mit uns sprachen
  • dass Frau Liver uns keine Schuld am Schicksal ihrer Familie und allen Verbrechen der Nazis gibt
  • dass Frau Liver sich die Mühe macht, mit uns über ihre Vergangenheit zu sprechen, sodass wir besser verstehen, wie das Leben damals war
  • dass Frau Liver offenbar keine Vorbehalte gegen Deutschland hat
  • dass sie so gut Deutsch spricht, obwohl sie aus Deutschland fliehen musste, noch bevor sie überhaupt zu sprechen anfing
Für uns war überraschend,
  • dass Frau Liver so humorvoll über ihr Leben erzählt hat
  • dass sie so gut Deutsch spricht und versteht, als ob sie in Deutschland aufgewachsen wäre
  • dass ihr Sohn sie begleitet hat, der sich sehr für die Vergangenheit seiner Familie interessiert
Was wir gerne noch fragen möchten: Liebe Frau Liver,
  • … könnten Sie sich vorstellen, in Deutschland zu leben?
  • … warum haben Sie Deutsch als Familiensprache immer weiter gesprochen?
  • … Sehen Sie sich selbst als Zeitzeugin?

„Wir erlebten eine Woche angefüllt mit Erlebnissen, die uns oft sehr rührten“

An die Stadt Frankfurt

Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen herzlichen Dank für eine wunderbare Woche, die wir Ihnen zu verdanken, gemeinsam verleben konnten. Sie war ein ganz besonderes und unvergessliches Geschenk.
Für mich war dies nicht der erste Besuch in Frankfurt, ich wusste, wohin ich fuhr, da ich 1958 meinen Vater dort besucht hatte. Mein Vater, Doktor Selmar Spier war 1956 nach Frankfurt zurückgekehrt, da er seine Arbeitsgenehmigung als Rechtsanwalt zurückerstattet bekommen hatte und Arbeit in der „United Restitution Organization“ (URO) erhalten hatte.
1958 kam ich ihn besuchen, und er zeigte mir damals SEIN Frankfurt: Seine Lieblingsplätze und außerdem Orte, die für unsere Familie Wichtigkeit hatten.

Ich weiß nicht, ob es noch einen anderen Menschen auf der Welt gibt, der Frankfurt so sehr geliebt hat. Er ist mit Freuden dorthin zurückgekehrt trotz all dem Schweren, was er in den Jahren zwischen 1933 und 1945 als Bauer in Ramot HaShawim in Israel durchmachen musste. Er war sehr traurig über die Zerstörung der Altstadt Frankfurts.

Meine Mutter, Marlene Spier Hermann, gebürtig aus Luckenwalde konnte nicht meinen Vater begleiten, da sie ihrer Karriere nachging als Direktorin der Physiotherapeutischen Abteilung in einem großen Rehabilitationszentrum in Israel. Seit sie durch ihre Heirat nach Frankfurt gekommen war, hatte sie bis zu ihrer Auswanderung an der Frankfurter Universität Medizin studiert. Sie hat dieses Studium aus bekannten Gründen damals nicht abschließen können, und hat deshalb in Israel als Physiotherapeutin gearbeitet.
Mein Besuch dieses Mal war sehr wichtig für mich, denn auch mein jüngster von drei Söhnen kam mit. Dieses Mal war ich es, die ihn in den Fußspuren meines Vaters durch die Stadt mit den Geschichten der Familie führen konnte.

Ich verspüre eine hohe Wichtigkeit darin, dass mir die Möglichkeit gegeben wurde, meinem Sohn die Wurzeln seiner Familie von Nahem zu zeigen, und mache somit weiter in dem, was mein Vater angefangen hatte.
Ich habe mich sehr gefreut zu sehen, wie er reagierte, wo doch alles so neu für ihn war und so spannend. Er hat sich richtig mit seinen Wurzeln verbunden, mit einer so anderen Welt, die er nicht kannte.

Der Höhepunkt war die Reise, die Frau Christa Fischer und Frau Gabi Kunhenn nach Merzhausen organisiert hatten. Ich war ganz verwundert, wie wir wie wichtige Persönlichkeiten empfangen wurden. Trotz Regen hat man uns in einer Rundführung durch Merzhausen begleitet. Man zeigte uns, wo früher die Synagoge gestanden hatte, und einer der älteren Einwohner gab mir eine Zeichnung von der Synagoge vom Jahre 1900.

Anschließend haben wir den Friedhof besucht und haben viele Gräber der erweiterten Spierfamilie gefunden. Man gab uns ein gutes Mittagessen, ein herzliches und ehrenvolles Willkommen – einfach ganz besonders!!!
Wir haben auch den jüdischen Friedhof besucht, den Teil, in welchem die jüdischen Helden des Ersten Weltkrieges beerdigt sind. Sie starben in dem Glauben, dass sie für ihre Heimat sterben. Leider habe ich festgestellt, dass ihre Namen fast nicht mehr zu lesen sind und die Wand, auf welcher ein Vers aus dem Alten Testament in Hebräisch geschrieben ist, zerbrochen ist. Ich würde Ihnen zu Dank verpflichtet sein, wenn Sie vielleicht anlässlich des Gedenkens, dass vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg ausbrach, diese Grabschriften und Platte restaurieren würden.

Wir sind voller Hoffnung, dass dieses Projekt weitergeführt wird, um noch weiter jungen Menschen zu ermöglichen, ihrer Familiengeschichte näher zu kommen, und außerdem ein Deutschland zu sehen, welches sich seiner Vergangenheit bewusst ist, die Vergangenheit erhält und eine neue Zukunft baut. Wir erlebten eine Woche angefüllt mit Erlebnissen, die und oft sehr rührten. Wir haben viele Menschen aus aller Welt getroffen, was uns jedoch verband ist unsere Religion, Geburtsort und die Tatsache, dass wir es schafften, noch zeitig das Land zu verlassen, welches unseren Vorvätern wie ihre Heimat war.
Ihre Initiative, uns einzuladen und diesen Besuch zu gestalten, war wunderbar. Wir lernten liebe Menschen kennen.

Mit herzlicher Dankbarkeit und Segenswünschen
Miriam und Boaz Liver und Hava Hallel